21.09.2016

Schluckauf

Dann beginnt diese Woche plötzlich so wie du es nicht willst. Ich treffe meine Mutter. Alles ist gut, entspannt, Muttern ist total begeistert von meinen kurzen Haaren und plötzlich passiert etwas. Eine Art Schluckauf meinerseits. Mitten in einem Gespräch sage ich meiner Mutter plötzlich, warum ich in Therapie war. Weil ich mich nie akzeptiert gefühlt habe von ihr. Als Mädchen. Wie ich in meiner Pubertät am liebsten nur noch sterben wollte. Weil ich mich so abgelehnt fühlte. Weil ich kein Junge war. Wie lange es gedauert hat, bis ich mich endlich so akzeptieren konnte, wie ich bin.

Ich wollte das meiner Mutter nie sagen. Weil sie es eh nicht verstehen würde. Weil sie sofort sagt, dass es nicht so war. So komisch dieses ganze Verhältnis zu meiner Mutter ist, ich hänge dennoch an ihr. Sie bedeutet mir etwas. Als ich sie verabschiede, ist da Distanz zwischen uns. Sie ist distanziert. Und ich denke im Nachhinein wieder, dass ich nichts hätte sagen sollen.

Bis mir andere nahestehenden Personen sagen: Es ist okay. Es sind deine Gefühle und die darfst du sagen. Und vielleicht mußte es einfach mal raus.

03.09.2016

I am not my hair

Morgen ist es soweit. Meine Haare werden abgeschnitten. Im März war es von schulterlang auf Bob, morgen geht es von Bob auf einen Pixie Cut. Ich habe lange darüber nachgedacht, das Internet durchforstet und die engsten Vertrauten befragt. Um am Ende doch ein bißchen Angst zu haben. Nach ca. 13 Jahren mit langen Haaren, ist es ein komisches Gefühl, weil ich weiß, dass damit ein Teil von mir gehen wird. Ich ließ mir damals die Haare lang wachsen um meiner Mutter zu zeigen, dass ich eine Frau bin. Aus Fleisch und Blut. Ich habe damit gegen sie rebelliert. Und vielleicht auch um mir selber nochmal zu verdeutlichen wer und was ich eigentlich wirklich bin. Ich habe es als Jugendliche gehasst ständig für einen Jungen gehalten zu werden.
In den letzten Monaten hat sich viel verändert. Mein Gewicht und auch mein Blick auf mich selbst. Ich weiß jetzt wer ich bin. Und ich kämpfe nicht mehr um die Anerkennung meiner Mutter. Ich werde nie richtig und nie gut für sie sein. Aber es ist egal, denn ich bin ja gut für mich selbst. Ich mag mich mittlerweile ziemlich gerne. Also meistens. Und weil ich mich mag, muß ich jetzt was gegen dieses Gefühl tun von meinen Haaren erschlagen zu werden. Außerdem passen sie auch nicht mehr wirklich zu mir. Ich muß mich nicht mehr hinter einer Mähne verstecken, sondern ich darf mehr von meinem Gesicht und von mir selbst zeigen. Pur und ungeschminkt. Außerdem will ich endlich was unkompliziertes. Ein Schnitt, der nach zwei Handgriffen liegt und auch sonst zu meiner zügigen Badroutine passt. Ich will bei Wind keine Haare mehr im Gesicht und beim Mann küssen auch nicht. Nur noch 12 Stunden und dann weiß ich ob ich es am Ende nicht doch bitterlich bereue. Aber es sind nur Haare, die wachsen nach.
Noch etwas anderes habe ich diese Woche in Angriff genommen. Ich habe mir, nach einigen Recherchen im Internet, eine Menstruationstasse gekauft. Mittwoch konnte ich sie schonmal kurz testen und was soll ich sagen?! Wie konnte ich bloß so lange ohne dieses Teil leben? Der erste Eindruck ist top und ich freue mich auf neue Unabhängigkeiten, mehr Geld in der Kasse und weniger Müllproduktion.
Letzte Woche ist übrigens noch etwas wirklich kurioses passiert. Ich traf Menschen aus meiner Vergangenheit. Menschen, die ich laaange nicht gesehen hatte. Und nichts fühlt sich so gut an wie die Gewissheit vor vier Jahren eine richtige Entscheidung getroffen zu haben. Es ist eben doch wichtig im eigenen Leben sein Wohlbefinden zur Priorität zu machen und all die Menschen zu verlassen, die dafür sorgen dass man die eigene wertvolle Energie verschwendet.