24.02.2019

Lost & Found

Nach fast 2 Monaten ein Lebenszeichen. Irgendwie kein gutes, weil gerade so vieles einfach kacke ist. Neujahr optimistisch ins abnehmen gestartet und dann hemmungslos verkackt. Binge eating, emotionaler Stress auf der Arbeit, aufgeschwemmt sein und dann vor 1,5 Wochen plötzlich Ohrenschmerzen haben. Anfang der Woche zum Arzt gehen und denken, dass es eine Ohrenentzündung sei. Vorsichtshalber aber auch mal einen Zahnarzt aufsuchen. Könnten ja die Weisheitszähne sein. Hausärztin gibt Entwarnung: Die Ohren sind schön. Zahnärztin tippt sofort auf die Weisheitszähne, ich werde an einen Kieferchirurgen verwiesen. Mittags sitze ich auf seinem Stuhl und erfahre, dass meine Weisheitszähne erstmal drin bleiben dürfen, ich aber mit den Zähnen knirsche. Und außerdem an einer Craniomandibuläre Störung leide. Die Vertretung meine Hausärztin hatte dies letztes Jahr schonmal vermutet, als ich wegen einer heftigen Verspannung mit Taubheit im Gesicht bei ihr aufgetaucht bin. Da habe ich das aber noch als einfache Verspannung abgetan. Der Kieferchirurg hat erstmal eine flexible Aufbissschiene angefertigt, um mich schonmal etwas zu entlasten und mir außerdem Physiotherapie verschrieben. Morgen ist mein erster Termin. Seit Dienstag trage ich die flexible Schiene (eine feste kommt demnächst) und fühle mich schon um einiges besser.
Für mich ist die Diagnose ein Warnschuss. Ich muß aufhören, die ganze Scheiße in mich reinzufressen. Versuchen sämtliche negativen Gefühle mit essen oder knirschen wegzudrücken. Meine Arbeitssituation ist momentan unklar. Ich weiß nicht, ob ich im Projekt noch ein weiteres Mal verlängert werde. Plus, ich habe einen jammernden Energievampir alias Kollegin mir gegenüber sitzen, die alles besser weiß (was natürlich nicht so ist) und die alles versucht, um möglichst auch verlängert zu werden (weil sie bloß nicht in die alte Abteilung zurück will). Da sie meint, sie kann alles am besten, ist es für sie eh schon ein Affront, dass ich schon mehrfach verlängert wurde (mein Chef ist halt zufrieden mit mir). Zusätzlich ist die Kollegin beratungsresistent und unverschämt. Wenn man was sagt, fühlt sie sich gleich immer persönlich angegriffen, greift aber andere permanent an. Bis jetzt scheint fast noch niemandem aufgefallen zu sein, dass sie weder teamfähig noch besonders clever ist. Mein Kollege und ich haben den Kampf aufgegeben und versuchen uns, so gut es geht, zu distanzieren. Unserer Gesundheit wegen. Es ist nur noch etwas mehr als ein Monat und dann sehen wir sie wahrscheinlich nur noch ab und zu oder gar nicht mehr.
Ich bin gerade wirklich erschrocken, wie sehr solche Menschen das eigene Licht dimmen. Meine Arbeit macht mir momentan weniger Spaß und ich freue mich ganz oft nur noch auf das Wochenende, um dann Zeit mit dem Mann zu verbringen. Dabei hatte ich letztes Jahr so viel Spaß. Hinzu kommt, dass gerade einiges an Leerlauf da ist.
Zeit genug, um sich also selber mal wieder klein und fertig zu machen. Sich selber scheiße finden, weil man seit dem Projektbeginn fast 15 Kilo zugenommen hat. Sich selber für seine Disziplinlosigkeit hassen. Essen, weil man es mal wieder nicht erträgt gegen dümmere Kollegen in Bewerbungsverfahren zu verlieren. Frustriert sein, weil Klamotten nicht mehr passen. Bei all dem dann feststellen, dass man zurück in seinem alten Jammer Modus ist. Und über alles einfach die Kontrolle verloren hat. Auf die man seit der Abnahme so unglaublich stolz war.
Zusätzlich einen Krankheitsfall in der Familie haben. Alte Wunden aufreißen lassen. Sich an Worte der eigenen Mutter erinnern und all den Schmerz ein weiteres Mal fühlen. Jedes Mal wieder daran erinnert werden, wie wertlos man sich fühlt. Episoden blitzen auf. Aus etlichen Lebensjahren. Immer mit dem Gefühl sowieso falsch zu sein. Nie richtig zu sein.
Und dann wieder realisieren, dass es jemanden gibt für den man genau richtig ist. Seit über 4 Jahren. Einen weiteren Grund zu haben, den Kampf nicht aufzugeben. Durchatmen, den Kopf frei kriegen und einen weiteren Anlauf wagen. Hinfallen gehört dazu, aufstehen kostet Kraft. Wissen, dass da aber zwei Hände sind, die einem aufhelfen. Egal, wie oft und tief man fällt.