18.08.2021

18/08/2021

Der Mann und ich hatten letztes Wochenende eine interessante Diskussion. Darüber, wie lange man öffentlich trauern darf. Beziehungsweise, wie lange einem Trauer zugestanden wird. 
Ich bin gerade in einer dieser Phasen, in der ich trauere. Weil bewusst wird, dass ich meine Schwester nicht mehr wiedersehen werde. Dass unsere letzte Umarmung, von der ich nicht wusste dass es die letzte sein wird, mittlerweile zwei Jahre her ist. Jeder Donnerstag der kommt, macht mir deutlich dass wieder eine Woche ohne sie vergangen ist. Dass da ein Loch in meinem Herzen ist und es bleibt. 
Ich versuche stark zu sein. Weil sie es war. Aber ganz oft breche ich. Falle. Und schaffe es eben nicht immer wieder aufzustehen. Aber wie erklärst du anderen Menschen, wie es nach fast 5 Monaten ohne sie ist. Dass dein Leben nicht mehr so ist, wie vorher. Dass du nicht so belastbar bist. Dass du jetzt keinen Bock hast deinem Kollegen, auf den du dich eh nicht verlassen kannst, mal wieder das Ego streicheln zu müssen. 
Du bist letzte Woche Donnerstag an einem Punkt, an dem du sagst, dass du nicht mehr kannst. Du sagst es dem Mann, weil er es aushält. Und weil er einer derjenigen ist, der dich weiter machen lässt. Weil er bedingungslos zu dir steht. 
Du schaffst es nicht, endlich mal wieder ein Buch zu lesen. Weil die Konzentration fehlt und deine Gedanken beim Nachlass deiner Schwester sind. Du hast Angst vor dem, was kommt. Oder ob die Seite deiner Mutter sich einfach wieder wie Scheiße benimmt. 
Du hängst in diesem Loch, aus dem du dich mühsam wieder raus quälst. Stück für Stück. Um dann wieder auszurutschen und noch tiefer drin zu hängen. 
Trauer ist ein verdammter Sog. Der dich so tief in deinem Wesen erschüttert und dich in die Tiefe reißt. Sie kaut dich durch und spuckt dich wieder aus. Und du fühlst noch mehr Schwärze um dich herum.