19.05.2019

Klassentreffen

Ich weiß gerade nicht, wie lange ich eigentlich schon an diesem Text rum kaue. Viel zu lange wahrscheinlich. Vor ca. 3,5 Wochen schrieb mich via Facebook eine alte Schulkollegin an. Ein Klassentreffen sei geplant. Die Freude darüber hielt sich bei mir schon in Grenzen. Aber ich stand dem ganzen noch positiv gegenüber. Bis mein Unterbewusstsein sich nachts, via massiver Alpträume, meldete. Ich wurde zunehmend gereizt, aggressiv und wütend. Ich trug mich noch in die Liste möglicher Termine für das Treffen ein und ignorierte all die Signale meines Körpers und Geistes. Irgendwann konnte ich aber die ätzenden Erinnerungen nicht mehr verdrängen. Die Erinnerungen an Demütigungen, Beschimpfungen und Tränen. Ich habe es gehasst, diejenige zu sein, auf die gezeigt wurde. Fett, hässlich und Glasbausteine genannt zu werden. Mich selber zu hassen. In der Pubertät jeden Tag sterben zu wollen.
Ich war so froh nach dem Abitur an die Uni gehen zu können. Hier war ich eine von vielen. Ich fiel dort nicht mehr auf, verschwand in der Menge und traf eine Menge toller Menschen.
Nach langem hin und her habe ich vor ein paar Tagen meine Teilnahme gelöscht. Ich möchte nicht mit rechten Spinner, asozialen Arschlöchern und generell Menschen an einem Tisch sitzen, wegen denen ich mich jahrelang schlecht gefühlt habe. Ich möchte nicht dort sitzen und ihnen gedanklich ihre Fressen zerkratzen. Ich habe nach dem Abitur alle Brücken abgebrannt. Ich wollte nicht mehr an all den Schmerz erinnert werden. Und ich möchte mich diesem ganzen Scheiß heute nicht mehr aussetzen. Und bestimmt auch nicht dem romantisiertem Gelaber irgendwelcher Pissflitschen lauschen, die dann so tun als war alles Friede, Freude, Eierkuchen. Ich muß gar nichts. Außer das tun, was für mich am besten ist. Also kein Klassentreffen. Weder in ein paar Monaten noch in ein paar Jahren.