07.02.2020

Down in a hole

Es ist gleichzeitig schwer und befreiend die folgenden Zeilen zu schreiben. Ich sitze momentan in einem noch tieferen Loch als 2012 (das damalige Loch war für den Start dieses Blogs verantwortlich). Gefangen in einem Kreislauf aus Essen, schlecht fühlen, zunehmen, niedergeschlagen sein und manchmal auch einfach nicht mehr leben wollen. Die Fakten: Ich habe in den letzten 18 Monaten über 30 Kilo zugenommen. Meine Gesundheit leidet. Das linke Knie schmerzt wieder und mein Rücken hasst mich regelrecht. Ich schiebe es seit Monaten vor mir her, wieder etwas gegen das Gewicht zu tun. Immer heißt es: morgen, nächste Woche, nächsten Monat, nächstes Jahr. 
Nebenbei bange ich um meine Schwester (Krebs) und meine Mutter ist dann vorletzte Woche endlich ins Krankenhaus gekommen. So wie es aussieht Schlaganfall. Ich habe bis jetzt nicht mit ihr gesprochen und ich kann sie auch nicht besuchen. Weil ich weiß, dass es in so einem unfassbaren Ausbruch von Hass endet. Vor dem ich mich schützen muß. Das Tischtuch zwischen meiner Mutter und mir ist nichtmal mehr gespannt, es ist in kleine Fetzen zerrissen. Ich muß nicht mehr dankbar sein, dass sie mich geboren hat. Wenn ich mich gerade angucke, wäre es wahrscheinlich besser sie hätte mich nie geboren. Mir wäre so viel Scheiße erspart geblieben. 
Ich kann nichts dafür, dass ich nicht als Junge geboren wurde. Ihre Ablehnung hat mich jahrzehntelang in absolute Krisen gestürzt. Ich war, bin und werde nie gut genug sein. Nicht für sie, aber ich bin es oft auch für mich selbst nicht. 
Ich fühle mich klein, am Boden zerstört und absolut nicht mehr bereit zu kämpfen. Ich ertrage das Leben gerade oft genug einfach nur noch. 
Letzte Woche hat dann ein Artikel über Essstörungen endgültig die lange ignorierte Wunde komplett aufgerissen. 
Ich habe 2014 in meiner Therapie schonmal mein Essverhalten thematisiert, aber nicht weiter vertieft. Danach ging es mir so gut und der Arschtritt durch 'Fettlogik überwinden' war so groß, dass ich abnahm. 
Aber das Loch in meiner Seele war nur kurzzeitig gestopft. Bei jedem Gespräch mit meiner Mutter ist es wieder aufgerissen. Jedes Mal wieder das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Nicht die Kraft zu haben, endgültig den Kontakt abzubrechen, weil man ja kein schlechtes Kind sein will. 
Gestern dann ein Termin bei meiner Hausärztin. Ich habe mir eine dicke Erkältung eingefangen. Ich muß dazu sagen, dass meine jetzige Hausärztin wirklich ein absolut wunderbarer Mensch ist. Ich habe keine Angst davor, alles offen auf den Tisch zu legen, weil ich weiß, dass sie zuhört und mir hilft. Vor mir liegt eine Überweisung zur Psychotherapie. Ambulant, weil ich zu viel Respekt vor einer stationären Therapie habe. Ich weiß, dass ich Hilfe brauche. Ich weiß, dass es hart wird und mich so vieles erwarten wird, dass ich längst verdrängt habe. Und ich hoffe, dass ich endlich ein normales Essverhalten entwickeln kann. Und negative Gefühle nicht mehr, bis zum fast Erbrechen, mit Essen ersticken will. 

Ich habe jetzt endlich die Kraft folgendes zu sagen:
Ich bin katzeontherun und habe eine binge eating disorder