18.09.2020

Mama, I can't love you no more

 Seit Tagen quälen mich wieder binge eating Anfälle und plötzlich kommen auch Alpträume dazu. Nachts im Schlaf greifen Dinge nach mir und versuchen mich in die Tiefe zu ziehen. Ich werde morgens wach, fühle mich erst okay. Bis dann die Erinnerung einsetzt und mich der Mist aus dem Schlaf noch den ganzen Tag verfolgt. Gestern geht dann gar nix mehr. PMS, Überforderung auf der Arbeit und der bevorstehende Geburtstag meiner Mutter bringen mich fast an den Rand eines Zusammenbruchs. Ich frage mich, wann ich mich endlich mal wieder normal fühlen kann?! Wann ich nicht das Gefühl habe, immer wieder in Löcher zu fallen oder emotional zu ertrinken?!

Meine Mutter hat heute Geburtstag. Und es sind fast 9 Monate vergangen seit unserem letzten Kontakt. Fühle ich mich damit einigermaßen gut? Ja, ich will nicht zurück. Gleichzeitig nagt das aber dieses Schuldgefühl in mir. Dass ich ein schlechtes Kind bin, weil ich mich nicht melde. Ein böses Kind. Undankbar und egoistisch. Und dass es da sowieso immer andere Kinder gibt, die besser sind als ich. In mir sind die Gedanken und Gefühle so tief verwurzelt und ich schaffe es aktuell nicht, sie einfach rauszureißen. Sie graben sich tiefer in mein Herz und meinen Verstand und ich erwische mich immer wieder dabei, mich ständig zu verurteilen. Du musst ein gutes Kind sein und deine Mutter anrufen.

Dabei gilt tatsächlich folgendes: Ich muss gar nichts, da es mein Leben ist. Ich darf entscheiden, wenn ich rein lasse und wer draußen bleibt. Und ich brauche nicht mehr den Menschen, der mich immer abgelehnt hat und für den ich nie genug war. Und der es mir gerne auch immer wieder mitgeteilt. ich möchte nur endlich den Weg finden, dem inneren Kind endlich mal aus diesem Loch zu helfen. Es gibt Menschen, die mich lieben. Und die auch mit den schwierigen Dingen umgehen können. Oft sogar viel besser, als ich es kann. Ich kann es gerade absolut nicht. Ich werde von einer Mischung aus Scham, Wut, Schuldgefühlen und Schmerz in die Mangel genommen und ersticke mit dem Essen jedes weitere negative Gefühl. Weil ich es mir selbst nicht erlaube, die ganze verdammte Scheiße einfach mal rauszulassen. Ich vertraue meinen eigenen Emotionen nicht und denke mir oft, dass es andere viel schlimmer haben. Ich schaffe es nie, mich von der Negativität anderer abzuschotten. Weil ich nie gelernt habe, mich zu distanzieren. War bei meiner absolut übergriffigen Mutter nicht möglich. Momentan kommt der Körperhass noch dazu. Ich wiege noch mehr, als vor meiner Abnehmphase und fühle mich da auch wie eine absolute Versagerin.

Fühle ich mich eigentlich irgendwann mal nicht als Versagerin in meinem Leben? Im Moment sehe ich kaum das Licht am Ende des Tunnels. Da ist so viel Tunnel und ich habe gefühlt gerade weder die Kraft, noch die Geduld durchzuhalten. Ich spüre gerade nicht mehr die Energie in mir, um Dinge zu ändern. Ich hoffe, dass sich das in absehbarer Zeit wieder ändern wird.

Meine Mutter aber kann und werde ich nicht mehr kontaktieren. Es gibt nichts mehr zu klären, da sie eh unfehlbar ist und keine Fehler macht. Und anstelle mal auf meine Aussagen zu reagieren, würde sie wieder alles so drehen, dass sie am Ende das Opfer ist.